Anfang, Mitte August wurde der Öffentlichkeit bekannt, dass eine "18 più energy S.l.r" im Hinterland von Imperia einen großen Windpark projektiert, bei dem 32 Windräder mit einer Nebenhöhe von jeweils 162 Metern, einem Rotor von 125 m und einer Leistung von jeweils 6,2 MW entlang mehrerer Bergkämme installiert werden sollen.
Nord-westlich von Costarainera sollen die ersten Windräder errichtet werden. Der Windpark folgt dem Höhenrücken Richtung Nord-Westen und dann Richtung Norden über den Monte Faudo und Monte Moro mit 26 Anlagen. Weitere 6 Anlagen folgen weiter nördlich in Ost-West-Richtung.
Das Projekt wurde am 31.07.2024 vom italienischen Ministerium für Umwelt und Energiesicherheit (MITE) mit umfangreichen Unterlagen veröffentlicht. Einspruchsfrist ist bis 31.08.2024. Das Projekt soll voll finanziert sein. Wer hinter der Projektgesellschaft 18 più energy S.l.r als Geldgeber steht, ist bisher nicht weiter bekannt. Angeblich handelt es sich um ein internationales Konsortium.
Es ist keine Frage, um die unbedingt notwendige Abkehr von fossilen Energieträgern und Atomkraft zu bewerkstelligen, ist der Ausbau regenerativer Energieformen dringend notwendig. Deshalb wird man vielerorts in den sauren Apfel beißen und den Bau von großen Fotovoltaikfeldern und Windkraftanlagen akzeptieren müssen, auch wenn sie dem ästhetischen Gefühl vieler Menschen zunächst widersprechen. Und im Vergleich zu fossilen Kraftwerken und dem Gefahrenpotenzial von Atomkraft sind sie der geringste Eingriff. Ohne Strom funktioniert es leider nicht. Und der Bedarf an elektrischer Energie wird enorm steigen.
Möglicherweise sehen auch die Windkraftanlagen entlang der Bergkäme in den ligurischen Seealpen aber durchaus ansprechend aus, wenn sie erst mal errichtet sind. Als Sinnbild für die Verbindung jahrhundertealter Kulturlandschaft und einer emmissionsfreien Zukunft.
Allerdings: Die Windkraftanlagen müssen gebaut und unterhalten werden. Dafür ist eine entsprechende Infrastruktur notwendig. Und sie beschränkt sich nicht auf die unmittelbare Umgebung, um die Windkraftanlagen auf den Bergkämmen. Vielmehr ist die gesamte Infrastruktur zur Anlieferung der Bauteile in die ligurischen sie Alpen notwendig. Im Valprino bestehen lediglich die bekannten kleinen Straßen, die die alten ligurischen Borghi im Hinterland Imperias erschließen. Sie sind eng und kurvig und führen durch bewaldetes Gebiet, zunächst durch Olivenkulturen, weiter oben durch ausgedehnte Eichenwälder. Um das Gebiet erstmals zu erschließen, müssten die bestehenden Straßen im Valprino extrem ausgebaut oder neue Straßen gebaut werden und die alte ligurischen Kulturlandschaft in Mitleidenschaft gezogen werden - so die aktuellen Besorgnisse im Valprino. Die Kulturlandschaft, die den Ehrgeiz der Region ausmacht, würde auf Jahre, wenn nicht unwiederbringlich zerstört. Um die Straßen zu verbreitern, wären gewaltige Straßenbefestigungen aus Beton notwendig, die für die notwendigen Spezialfahrzeuge besonders stark ausgelegt werden müssten. Muss man aber solche gewaltige Maßnahmen treffen, um überhaupt geeignete Zufahrtsstraßen zu errichten, fiele die CO2 Bilanz dieser Anlagen verheerend aus - so die Befürchtungen der Gegner des Projekts im Valprino.
Deshalb werden nun auch die Unterschriften gegen das Projekt gesammelt.
Für das Val Prino und Dolcedo selbst kann allerdings Entwarnung gegeben werden. Aus den Genehmigungsunterlagen geht hervor, dass die Straßenerschließung der Windkraftanlagen westlich von San Lorenzo und über Costarainera erfolgen soll. Dazu soll ein bereits bestehendes Straßensystem auf der fraglichen Bergkette befestigt und ausgebaut werden. Da die Straßenführung zum weit überwiegenden Teil auf dem abgeflachten Bergscheitel und nicht an einer Flanke des Bergkamm verläuft, dürfen die zusätzlichen Straßenbefestigungen eher geringer ausfallen, wie im Augenblick in der Bevölkerung befürchtet wird. Westlich von San Lorenzo soll ein neues Hafenbecken entstehen, um die Bauteile auf dem Seeweg anzuliefern. So wenig das Val Prino von den Baumaßnahmen beeinträchtigt sein wird, so stark werden die Eingriffe allerdings in Costarainera ausfallen, wenngleich in einem relativ überschaubaren Bereich. Es wird also keinesfalls so sein, dass in die malerische ligurischen Kulturlandschaft eingegriffen wird.
Problematisch ist allerdings, dass das Projekt im August publiziert wurde, also in der Hauptferienzeit schlechthin. Sicherlich in der Hoffnung, dass dann der öffentliche Widerstand möglichst gering ausfallen wird. Gerade dieses Vorgehen ist es aber, dass viele Ortsansässige erzürnt, denn es wird berechtigterweise vermutet, dass irgendeine Sauerei am Laufen ist.
Problematisch ist darüberhinaus, dass über die eigentlichen Investoren nichts weiter bekannt ist. Automatisch denkt man an Windparks in Kalabrien, bei denen die Mafia in großen Stil beteiligt sein soll. Für die Akzeptanz der Anlagen wäre es zu begrüßen, wenn sich ortansässige Bürger zu Sonderkonditionen an dem Projekt beteiligen und entsprechende Erträge erzielen könnten - etwa begrenzt auf Einlagen von maximal 10.000 € pro Bürger. Dann wäre der Windpark eine Bereicherung für die Gegend - eine angemessene Verbindung von Vergangenheit und Zukunft.
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Laura Mulina (Montag, 19 August 2024 13:40)
Tatsächlich geht es insbesondere um die infrastrukturellen Eingriffe, wie beispielswese den Straßenbau, die gegen dieses riesen Projekt sprechen. Sicherlich ist es wichtig, unserem wachsenden Strombedarf mit erneuerbaren Energien zu begegnen, gleichzeitig sollte dies unbedingt mit Außenmaß geschehen. Das Hinterland Imperia ist eine jahrhundertealte Kulturlandschaft mit kleinen Straßen, verwunschenen Ortschaften, idyllischen Olivenhaien, durch die nun Breschen geschlagen werden sollen, um die Windräder zu errichten. Hier geht's zur Petition, um die Windräder, wie sie jetzt geplant sind, zu verhindern: https://www.change.org/p/fermare-la-costruzione-del-parco-eolico-imperia-monti-moro-e-guardiabella/